Geschichte
Von den Anfängen
Die wachsende Bedeutung der Garnisons- und Residenzstadt Potsdam zeigte sich in der beginnenden 2. barocken Stadterweiterung, den ersten Quartieren des Holländer-Viertels und im Bau der Großen Stadtschule, der Grande école, zu deren Errichtung der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. 1738 10 000 Taler beizutragen versprach. Aus dieser, heute in der Friedrich-Ebert-Straße liegenden und eine Schule des 2. Bildungsweges beherbergenden Großen Stadtschule ging 1878 das Viktoria-Gymnasium hervor, das 1946 nach einem der berühmtesten Schüler der Schule, Hermann von Helmholtz, umbenannt wurde.
Die ersten Jahrzehnte brachten der Grande école viele Probleme. Nur wenige Schüler erreichten ohne zusätzliche private Unterweisung die Befähigung zum Hochschulstudium. Die Neuordnung des Schulwesens im Zuge der Preußischen Reformen brachte 1812 die Anerkennung als Gymnasium und damit die Berechtigung, das Abitur abnehmen zu dürfen.
In der Betonung des Lateinischen und des Griechischen spiegelte sich die Zielsetzung der damaligen neuhumanistischen Bildung, die die „Realien" zurücktreten ließ. Englisch wurde zwar 1827 eingeführt, wurde jedoch erst 1908 Pflichtfach. Die Sprache der gebildeten Stände war lange Jahrzehnte das Französische. Die auf Latein gehaltenen Abiturreden des 19. Jahrhunderts ringen uns noch heute höchste Anerkennung ab. Viele Lehrer und Direktoren arbeiteten wissenschaftlich und prägte die hohen Ansprüche der Schule, wie sie vom Schüler und späteren Nobelpreisträger Otto Wallach bestätigt wurden. Mit dem Universalgenie Hermann von Helmholtz verlassen Absolventen wie der Philosoph Wilhelm Windelband, der Mathematiker Carl Gustav Jacobi, der Demokrat Maximilian Dortu, später dann der Historiker Hermann Rassow die Schule.
Das stetige Wachstum - 1878 zählte die Schule 475 Schüler - führte zu einer so bedrängenden Raumnot, dass ein Neubau am heutigen Schulstandort in der Kurfürstenstraße errichtet wurde, dem die Kronprinzessin Viktoria Protektorat und Namen gewährte.
Aufgrund des guten Rufs der Schule kamen die Schüler von weither und wohnten oft in Potsdamer Pensionen. Die Schule nahm viele Schüler aus Beamten- und Militärfamilien auf. Schon damals gründete sich das Ansehen des Viktoria -Gymnasium nicht nur auf einem hohen Anspruch und guten Lehrkräften, sondern auch auf der Vielfalt seiner Arbeitsgemeinschaften. Zur Zeit der Weimarer Republik gab es einen Schülerruderverein, einen Turnverein, ein Pfadfindercorps, einen Orchesterverein, einen Schachklub und einen „technischen Verein", dessen Mitglieder Flugzeugmodelle bauten. Die Förderer der Schule trafen sich im Freundeskreis und im „Verein ehemaliger Viktorianer“.
Das humanistische Gymnasium war nicht unumstritten, das Realgymnasium und die Oberrealschule traten ihm als weitere Schulformen zur Seite und bewirkten auch, dass das traditionelle Profil zumindest vorübergehend um einen Realgymnasialzweig ergänzt wurde.
Der Betonung des Überkommenen entsprach der nationalkonservative Geist der Schule auch nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg. Die Hervorhebung der alten Sprachen ließ nur wenig Naturwissenschaftler, Techniker und Ingenieure die Schule verlassen. Ihre Absolventen bevorzugten philologische Berufe, gingen in die Forst- und Landwirtschaft, studierten Betriebswirtschaft oder schlugen die Beamten- und Militärlaufbahn ein. Die Absolventenlisten zeigen, dass auch Teile des Adels das Viktoria-Gymnasium als ihre Schule ansahen. Viele Lehrkräfte nahmen nach dem Ersten Weltkrieg ihren Dienst wieder auf. Die Weimarer Republik fand, wie an vielen preußischen Gymnasien, nur wenig Unterstützer, der aufkommende Nationalsozialismus allerdings auch nicht. Nach allen Berichten Ehemaliger hat die Schule unter ihrem von vielen gelobten Direktor H. Diehl dem Nationalsozialismus nicht mehr als die unumgängliche Reverenz erwiesen. Als einer der wenigen Schulleiter wurde Diehl von der sowjetischen Besatzungsmacht 1945 in seinem Amt geduldet.
Die Helmholtzschule in der DDR
Da das Schulgebäude von Bombentreffern weitgehend verschont geblieben war, wurde der Schulbetrieb rasch wieder aufgenommen. Man griff auf die alten Lehrer, sofern sie nicht aus Sicht der neuen politischen Macht belastet waren, zurück, so dass die Schule sich erst langsam in ihrem Charakter veränderte und dem neuen Bildungssystem ihren Tribut zollte. Der Ideologisierung der Lehrpläne folgte die Indoktrination, 1952 waren 224 von 299 Schülern Mitglied der FDJ. Allen Beteiligten unvergessen blieb die Rede von Direktor Wefers anlässlich des Todes von Stalin. Von den abiturfähigen allgemeinbildenden Schulen in Potsdam blieben nur die Erweiterten Oberschulen Helmholtz und Humboldt. Die Umgestaltung der Stundenpläne brachte die Einführung des polytechnischen Unterrichts, die vormilitärische Ausbildung (mit dem Dachboden der Schule als „Schießboden" für Kleinkaliberschießen) und eine hohe Selektivität im Zugang zur Erweiterten Oberschule, so dass nur wenige Schüler der polytechnischen Oberschule auf das Helmholtzgymnasium übergehen konnten. Lehrkräfte verpflichteten sich, in ihren Klassen Offiziersanwärter für die NVA zu gewinnen, Ernteeinsätze gehörten zum Schuljahresablauf.
Lehrkräfte der EOS hatten ideologisch standhaft zu sein, einige Lehrkräfte wurden versetzt oder mit Versetzung bedroht. Dieser Druck lastete auch auf Schülern, einige entzogen sich ihm durch Freitod. Strukturell hatte sich die EOS Hermann von Helmholtz in der DDR-Zeit gewandelt, in der Studienvorbereitung aber ihren hohen Anspruch gewahrt: die Zweiggliederung in altsprachlich, neusprachlich und mathematisch-naturwissenschaftlich wurde aufgegeben, da die Schule Latein und Griechisch abgeben musste. Dafür erfolgte 1978 die Aufnahme von Musikklassen. In den Spezialklassen für neue Fremdsprachen durfte Französisch gelernt werden.
Mit einer bewegenden Feier in der Friedenskirche endete die Zeit der EOS, das Gymnasium Hermann von Helmholtz gab sich ein Schulprofil und - programm, das unsere Schülerinnen und Schüler befähigen sollte, ihren Mann oder ihre Frau im Leben zu stehen, problemlos den Übergang auf die Hochschule zu bewältigen und dort erfolgreich ein Studium abzuschließen.
Mit dem Übergang des Direktorats zu Dr. Rauchfuß, der bis 2012 die Geschicke der Schule leiten wird, wurde die Veränderung auch personell untersetzt. Die Zeit des Übergangs war dadurch charakterisiert, dass das Bewährte übernommen werden und das Neue aufgenommen werden sollte, um sich den Herausforderungen zu stellen. Nur folgerichtig wurde auf den guten Ergebnissen der Fremdsprachenklassen aufgebaut und bilinguale Klassen entstanden. Die Naturwissenschaften und die Informatik wurden massiv gefördert und aus den Musikklassen entwickelte sich ein musikorientierter Schwerpunkt, der allseits Anerkennung fand.